3. April 2020

Ich gehe spazieren. An einer saftgrünen Wiese trotzen Gänseblümchen und Narzissen einem Aufgehverbot und ich entdecke noch mehr: farblich ins Bild passt der Fünf-Euro-Schein, der auf der Wiese liegt wie ein Miniaturhandtuch auf einer Schwimmbadwiese. Ich stecke ihn ein und drehe meine Runde. Zurück vor meiner Haustür treffe ich auf die Postbotin, deren schwarze Gummihandschuhe sich vom Postgelb abheben. Ich greife in meine Hosentasche, hole den Fünf-Euro-Schein heraus und schenke ihn ihr mit einem „Danke“. Zuhause überlege ich, dass es für die Postbotin auch wieder eine Zeit geben wird, in der sie sich vom Auslieferungsstress erholen kann. Womöglich sonnenbestrahlt auf einem Handtuch auf einer saftgrünen Wiese.


6. April 2020

Ich gehe joggen. Am Startpunkt liegt eine tote Taube. Ein schlechtes Omen? Für? Ach was! Ich laufe los. Langsam wie immer werde ich auch im mich umarmenden Wald kaum schneller. Ich drehe meine Waldrunden, jogge neue, andere Wege, variiere. 10 % Akku sagt meine Fitnessuhr, deren Tragen ich mir im täglichen Leben abgewöhnt habe. Nur meine Waldstrecken zeichne ich auf, als könnte ich so jede Begegnung mit der Waldwelt für immer behalten. Jedes Meisenzwitschern, jedes Spechtklopfen, jedes Hundebellen, jeden freundlichen Gruß eines Spaziergänger, jedes Kinderlachen, jedes Rauschen und Aufbauschen, Knistern und Knacken – jedes und alles, das mich im Wald glücklich macht und von dort nach hier mitläuft. Nach hier, meinem Zuhause. Bei der toten Taube endet meine Runde. So lange bin ich noch nie gelaufen, so viele Meter habe ich noch nie geschafft. Akku schwach sagt meine Fitnessuhr. Ach was! Im Garten spüre ich dem Lauf nach, dehne und strecke mich. Dann dusche ich, ohne wegwischen zu wollen, was so gut tat. Während meine Fitnessuhr am Ladekabel hängt, hänge ich in den Seilen.

 

„Überlastung“, sagte Orthopäde und spritzt mir ein Schmerzmittel. Corona laufe ich nicht mehr davon. Ich sitze.


08. April 2020

Ich liege. Im Garten. Auf der Gartenliege. Blockade im Rücken, Blick gen Himmel. Einheitsblau. Etwas verwässert, eher hell-denn dunkelblau. Ich liege und schaue. Amseln fliegen im Tiefflug über mich hinweg, die Meisen halten mehr Abstand, die Spatzen schauen vom Zaun auf mich herab. Zwitschern tun sie alle. Sonntag. Feiertag. Ruhe. Herrlich. Ach nein, es ist Mittwoch. Ein Corona-Mittwoch. Virusstille. Egal. Ich genieße unter Zwang. Da ist wirklich nur Blau. Eine Hummel lenkt mich ab. Ich verfolge sie ein paar unzählbare Flügelschläge, dann sehe ich wieder in den Himmel. Schrecke auf, will die Nachbarskinder rufen, weil ich etwas Erstaunliches entdeckt habe. Aber die Nachbarskinder sind nicht da und mein Erstaunen gilt meinem eigenen Erstaunen über meine Entdeckung. Ein Flugzeug. Vor Corona keine Besonderheit, eher die Frage, auf welcher Höhe sich die Kondensstreifen  mehrerer Flieger treffen. Jetzt ein Aha-Erlebnis als sei ich ein Kind. Aha, das ist ein Flugzeug. Corona bringt das Kinderstaunen zurück. Später der Hubschrauber. Das Staunen wird Gewissheit: Corona (f)liegt in der Luft.


07. Mai 2020

Aufsperren. Bei mir sperrt sich alles.


08. Mai 2020

#Abstandsfalter


Anfang Juni